PRÜFT ALLES UND BEHALTET DAS GUTE
Markus Dettwiler ,
Ich mag die kurzen Sätze aus der Bibel, die man seit 1930 «Jahreslosungen» nennt. Ein Pfarrer mit Namen Otto Riethmüller (1889–1938) hat sie damals erfunden, diese kleinen Überschriften über ein Kalenderjahr. Von Riethmüller stammt auch die Bearbeitung des Liedes (RG 795): «Sonne der Gerechtigkeit.» Er wurde nur 49 Jahre alt. Aber sein ungewolltes Lebenswerk gibt es noch heute, die ausgelosten Bibelsätze für ein ganzes Jahr. Im noch laufenden Jahr ist es der Vers: «Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe» (1 Kor 16,14). Der Apostel Paulus wollte damit sagen: Liebe ist euer Markenzeichen. Ihr lebt wie alle Menschen in Stadt und Land; ihr sorgt euch um die Gestaltung eures Lebens – nur eins macht ihr hoffentlich besser: Ihr lasst alles, was ihr tut, in Liebe geschehen.
Es wäre reizvoll, wenn wir jetzt die vergangenen 366 Tage mal daraufhin überprüfen könnten, ob uns das gelungen ist. Haben wir in Liebe geschehen lassen, was wir taten? Vermutlich nicht immer. Es ist oft schwer mit der Liebe. Zorn ist meist schneller und braucht nicht so viel Überlegung. Liebe will gut bedacht sein. Überhaupt kommt es mir manchmal so vor, dass heute forsch gedacht und gehandelt wird. Da rutscht einem die Liebe schon mal durch und man findet eher ärgerliche Worte. Nachdenken macht oft nicht die allergrösste Freude. Dabei ist es so nötig. Eher durch ruhiges Nachdenken finden wir den Ton und das Handeln, das weniger wehtut. Liebe wünscht sich unser Nachdenken.
Das weiss der Apostel Paulus; er war ein gebildeter und kluger Mensch, der viele kurze und treffende Sätze in seinen Briefen schreibt. Auch die Jahreslosung, die für das 2025 gilt, ist aus der Feder des Paulus. Im ersten Brief an die Gemeinde in Thessalonich (5,21) schreibt er: «Prüft alles und behaltet das Gute.Da ist wieder das Nachdenken, das Prüfen. Seid nicht zu schnell im Denken, Reden und Tun, bittet der Apostel. Womöglich geschehen dann zu viele Fehler. Liebe braucht Nachdenklichkeit. Welche Worte wähle ich, um nicht zu verletzen? Wie handle ich, um niemandem oder möglichst wenigen wehzutun? Prüft das bitte, meint der Apostel. Eure Liebe ist doch das christliche Markenzeichen. Da kommt es auf ein paar Stunden oder Tage nicht an. Aber dann, wenn der Weg der Liebe gefunden ist, erstrahlt eure Welt. Und Gott freut sich an euch. Ein gesegnetes neues Jahr für Sie alle.
Markus Dettwiler, Pfarrer